Donnerstag, 24. März 2022

[ #Feldkirch ] Der Bahnhof Feldkirch im Jahre 1938

Für James Joyce, Thomas Mann, Stefan Zweig, Jura Soyfer, Carl Zuckmayr, Walter Mehring, Leon Askin, Hertha Pauli, Gina Kaus, Karl Furcht, Ernst Lothar, und viele andere war Feldkirch ein Schicksalsort.  In Friedenszeiten war es ein Bahnhof wie jeder andere auch, 1938 ein Tollhaus.

Der Feldkircher Bahnhof ist seit Eröffnung der Vorarlbergbahn 1872 ein Grenzbahnhof. Die Vorarlbergbahn (auch Vorarlberger Bahn) bezeichnet eine Bahnstrecke, die durch das österreichische Bundesland Vorarlberg führt. Ihre Streckenführung verläuft von der Staatsgrenze bei Hörbranz bis Bludenz, wo sie in die Arlbergbahn übergeht.

Mit Eröffnung der Arlbergbahn 1884 kam ihm im Fernreiseverkehr eine gewisse europäische Bedeutung zu. Erster Protagonist einer Eisenbahn von Tirol nach Vorarlberg war der Vorarlberger Textilindustrielle und Präsident der Handelskammer Feldkirch, Carl Ganahl, der sich schon 1847 für eine Eisenbahnverbindung vom Bodensee zur Adria stark machte.  Feldkirch war die westlichste Stadt der Donaumonarchie und damit ein Brückenkopf.  Nach dem Bahnhof Feldkirch in Fahrtrichtung Bregenz zweigt eine eingleisige, elektrifizierte, 18,5 km lange Strecke nach Buchs ab. Diese Strecke stellt eine Besonderheit dar: die Strecke auf Liechtensteiner Gebiet wird vollständig von den ÖBB betrieben und erhalten. In Buchs erfolgt die Anbindung an die Strecke St. Gallen–St. Margrethen–Sargans–Chur der SBB. Zusammen mit dem Teil der Hauptstrecke von Bludenz nach Feldkirch ist diese Verbindungslinie also ein wichtiger Teil der Ost-West-EuroCity-Verbindungen von Wien nach Zürich.

Die neutrale Schweiz war nicht nur ein mondänes Urlaubsziel. Sie war spätestens ab 1830 beliebtes Exil für politische Emigranten aus ganz Europa, wurde während des Ersten Weltkriegs zu einer diplomatischen Drehscheibe, 1920 Sitz des Völkerbundes und ab 1933  zu einer Insel, zu einem Fluchtpunkt in einem Europa der Diktatur, des Krieges und der Verfolgung. Und viele suchten ab 1938 einen Weg über Feldkirch.

Deutscher Grenzbahnhof ab 1938. Entscheidende Bedeutung aber sollte der Bahnhof mit dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 erhalten. Schon bein Anschluss erwiesen sich die Vorarlberger Nazis derart agressiv, dass sogar die deutschen Behörden zur raschen Reorganisation des Grenzregimes greifen mussten: Die einheimischen Vorarlberger SS- Leute zeigten sich in  ihren schwarzen Uniformen jedenfalls von ihrer übelsten und brutalsten Seite. Die am 13. März 1938 am Bahnhof Feldkirch angereisten Juden wurden mit “Saujud” angeschrien und wurden ihnen die Fingerringe abgezogen, den Frauen der Schmuck heruntergerissen.

Ulrich Nachbauer vom Vorarlberger Landesarchiv beschreibt in seinem Aufsatz "Als der Zug langsam in Feldkirch einfuhr", die Willkür des Nazipöbels drastisch:   "Aber in Feldkirch herrscht Willkür. Keine 'preußische', sondern Feldkircher Willkür. Die 'Machtergreifung' durch die Vorarlberger Nationalsozialisten erfolgt ebenfalls bereits am 11. März. Gerade auch am Feldkircher  Bahnhof.  Erst  am  Morgen  des 12. März ziehen deutsche Soldaten in Bregenz ein und in ihrem Gefolge Schutzpolizisten, die sofort an die Schweizer Grenze  beordert  werden,  um 'die wilden Verhaftungen durch einheimische SA  und SS in die systematischen Bahnen des hitlerdeutschen Terrors zu lenken.'"



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