Sonntag, 26. Februar 2023

[ #Vorarlberg ] NS-Autor schon 1946 wieder bei den Bregenzer Festspielen aktiv

Bregenzer Seebühne im Jahr 1946  - © Bregenzer Festspiele
Schon 1946 führten die Bregenzer Festspiele das Stück „Die Sieben gegen Theben“ des Nazi-Literaten Max Mell auf. In Vorarlberg funktionierten noch die früheren braunen Seilschaften, saß doch selbst als Landesamtsdirektor ein Mitarbeiter des Kriegsverbrechers und NS-Gauleiters Hofer in Amt und Würden.

Im Jahre 1956 führten die Bregenzer Festspiele Jeanne d'Arc des österreichischen Schriftstellers Max Mell auf. Die heilige Johanna konnte in Vorarlberg doch wohl nur in einem katholisch restaurativen Sinne aufgeführt werden. Da war Max Mell der richtige Autor, galt er doch nach 1945 als einer der prominentesten Vertreter der katholischen Dichtung in Österreich. Er hatte im Nachkriegsösterreich wieder Karriere gemacht.

Der Propagandist des Nationalsozialismus.  Max Mell war plötzlich wieder rechtgläubig. 1933 hingegen war er mit anderen österreichischen Autoren demonstrativ aus dem P.E.N.-Club ausgetreten, da dieser die Bücherverbrennung im März 1933 in Deutschland verurteilt hatte und Mell bekannte sich offen zum "nationalen Lager" und zur Bücherverbrennung. Er avancierte in der Folge auch zum Präsidenten des in der Verbotszeit NS-nahen "Bundes deutscher Schriftsteller Österreichs" und publizierte nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in diversen NS-Anthologien wie dem "Bekenntnisbuch österreichischer Dichter" 1938, das den Anschluss begeistert begrüßte.

Von wegen "großdeutsch". Die Biographen tun die nationalsozialisitsche Beschäftigung von Max Mell gerne nur als "großdeutsch" ab und behaupten, dass seine Haltung bald einer Kritik oder zumindest der Zürückhaltung gewichen sei. So ist es schon allein vermessen, den 'Austritt aus dem P.E.N. anlässlich dessen Kritik an der deutschen Bücherverbrennung als "großdeutsch" zu charakterisieren, vielmehr war er ein aktiver handelnder Teil der Nazi-Bagage.

Mit der Gründung des Bundes der deutschen Schriftsteller Österreichs (BDSÖ) am 22. Dezember 1936 trat Max Mell als katholisch-nationales Aushängeschild gegenüber dem austrofaschistischen Ständestaat auf. Da sich Ständestaat und das national(sozialistische)e Lager 1936 bereits angenähert hatten und ideologisch in weiten Bereichen gar übereinstimmten, gelang manchen Autoren scheinbar mühelos die Integration in beide Systeme. So besonders Max Mell.

Schlemmende Nazibonzen. Dass die Zurückhaltung von Max Mell gegenüber dem Nationalsozialismus erst eine Nachkriegserfindung ist, ist ausgerechnet in der Vorarlberger Landesbibliothek sehr schön dokumentiert. Sie besitzt eine Speisekarte vom 19. Oktober und vom 10. November des "Kriegs- und Notjahres" 1942 auf der festgehalten ist, dass Max Mell mit Gattin Lilli Mell in einem Klub brauner Literaten fein und privilegiert speisten:
"Am 19. Oktober aßen die braunen Literaten Fischmayonaise, Tomatensuppe, Lendenbraten mit Schloßkartoffeln und Champignons und als Abschluss eine Weintraubengelee-Torte. Auch Zweigelt wird nicht wenig geflossen sein. 
Am 10. Nov. 1942 zum fröhlichen Wiedersehen wurde serviert: Geflügelsuppe, Frischer Thunfisch u. Mayonnaise, sodann Gansl, Makkaroni und Zuckererbsen, Apfelstrudel von Butterteig u. Mocca. Cinzano, Bier und Gumpoldskirchner floss in rauen Mengen. Es wurden nur die Marken für 150 Gramm Semmeln, 25 Gr. Nährmittel und 20 Gr. Fett benötigt. Anwesend waren wiederum Franz Karl Ginzkey, Lilli Mell, Karl Heinrich Waggerl, Mirko Jelusich, Max Mell, Josef Weinheber und sechs weitere, die unleserlich schrieben."
Man halte sich vor Augen, im November 1942 waren über 230.000 Soldaten der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten durch die Rote Armee eingekesselt und die meisten von ihnen gingen dank des menschenverachtenden nationalsozialistischen Hitlerregimes einem sicheren Tod entgegen  und zuhause wurden Kinder zu Waisen und Frauen zu Witwen. Bereits im April 1942 kam es zu drastischen Einschnitten bei der Lebensmittelversorgung der deutschen Bevölkerung: die Brotration wurde für Normalverbraucher von 9,6 kg auf 6,4 kg, die Fleischzuteilung von 1600 g auf 1200 g und die Fettration von 1053 g auf 825 g im Monat gekürzt. 

Zu dieser Schlemmerei der dichtenden Nazibonzen passt auch der verbrecherische NS-Hungerplan. Als Hungerplan wird eine 1941 entwickelte nationalsozialistische Strategie im Rahmen der Kriegführung gegen die Sowjetunion bezeichnet. Danach sollten die in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten produzierten Lebensmittel an die deutschen Besatzungstruppen sowie ins Deutsche Reich geliefert werden. Dabei wurde einkalkuliert, dass infolge des Entzugs von Nahrungsmitteln bis zu dreißig Millionen Menschen in der Sowjetunion verhungern.

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