Dienstag, 14. September 2021

[ #Lustenau ] Gitterbett für den Kiebitz im Schweizer Ried


Im 18. Jahrhundert waren Kiebitzeier eine Delikatesse, natürlich nur an adeligen Tafeln.

Rund 80 Prozent des Kiebitzbestandes der Bodenseeregion brütet in den Riedgebieten im unteren Vorarlberger Rheintal. Dabei kommt Lustenau (konkret dem Auer Ried / Schweizer Riet), eine besondere Bedeutung zu. Hier brüten über zwei Drittel des gesamten Vorarlberger Bestandes.

Vanellus vanellus. Der Kiebitz (Vanellus vanellus) ist eine Vogelart aus der Familie der Regenpfeifer (Charadriidae). Er brütet typischerweise in den Marschwiesen, auf Vordeichwiesenflächen und anderen Weidelandschaften der Niederungen. Er ist ein Bodenbrüter, seine Eier galten früher als Delikatesse, dürfen heute aber nicht mehr gesammelt werden! Als Bodenbrüter sind sie in höchstem Maß störungsempfindlich und durch Beutegreifer, wie Fuchs, Dachs, Hermelin, aber auch durch Krähen, frei laufende Hunde und durch unachtsame Menschen bedroht.

Lebensraum und Verhalten. Ursprünglich bevorzugte der Kiebitz feuchtes Grünland, wozu insbesondere auch Überschwemmungsflächen zählen. Doch durch den Strukturwandel in der Landschaft sind diese immer seltener geworden. Deshalb versucht er heute gelegentlich auch auf Äckern eine Familie zu gründen, vor allem, wenn diese früher Grünland waren. Doch die Chance, in einem solchen Umfeld den in einem Bodennest erbrüteten Nachwuchs durchzubekommen, ist recht bescheiden.

Rabenpropaganda. Das Nahrungsspektrum des Kiebitz' ist zwar vielseitig, denn es reicht von Insekten samt deren Larven über Würmer und Schnecken bis hin zu Getreidekörnern und anderen Grassamen. Wenn die Kiebitze aber zur Nahrungssuche ihren Bodennistplatz wegen der zerschnittenen Landschaft oder wegen Störungen zu lange verlassen müssen, dann droht Küken und Gelege Gefahr. Ein Versuch in der Schweiz mit Zäunen Bodenjäger wie der Fuchs auf einem Teil der Probeflächen auszuschließen haben auf dem anderen nichtumzäunten Teil aber dazu geführt, dass praktisch kein Jungkiebitz überlebte, wobei die mit Radiotelemetrie überwachten Jungtiere vor allem in der Nacht verschwanden. Der Fuchs wurde dabei als Hauptprädator eingestuft.

Bei einer intensiven Kontrolle anderer potenzieller Räuber wie der Nebelkrähe (Corvus cornix) wurde angeblich kein Effekt auf die Kiebitz-Produktivität festgestellt. Brütende Kiebitze können anscheinend Rabenkrähen und Greifvögel erfolgreich vertreiben, vor allem in der Kolonie.

Männchen, "Wächterkiebitze" verteidigen ihr Gelege mit spektakulären Balzflügen. Sie vollbringen akrobatische Flugmanöver mit seitlich kippenden Sturzflügen. Während sich eine Kiebitz-Kolonie gegen Feinde aus der Luft relativ gut verteidigen kann, können Bewirtschaftung und dämmerungs- und nachtaktive Beutegreifer zu großen Gelegeverlusten führen. Eierraub wird daher vor allem im Zusammenhang mit Störungen beobachtet, aber auch in den Nachtstunden. Dabei sind unter anderem streunende Hauskatzen, Mäusebussard und Turmfalke als Kükenräuber identifiziert worden.
 
Auer Ried. Ein etwa 20.000 m² großer Feuchtlebensraum der Ortsgemeinde Au in Lustenau gibt vor allem bedrohten Wiesenvögeln wie Kiebitz und Bekassine einen geschützten Lebensraum. Besonders erwähnenswert ist die Umwandlung von zahlreichen vernässten Äckern in Extensivierungswiesen und Kibitzgelege werden bei der Bewirtschaftung markiert und ausgespart. Zum besseren Schutz vor Beutegreifern, Hunden, Katzen und Menschen wurde das gesamte Biotop mit einem mehrere Meter breiten Graben eingefasst: Damit bietet es eine richtige Schutzinsel im Schweizer Ried. (Schweizerried oder Schweizerriet wird ein etwa 450ha grosses Gebiet im grenznahen Vorarlberg genannt, welches aufgrund der historischen Zugehörigkeit der heutigen Orte Schmitter, Widnau und Au zum Reichshof Lustenau in deren Besitz ist. Die Schweizerriedfläche ist zweigeteilt. Das Auer Gebiet liegt nördlich von Lustenau.)


Kiebitze in Vorarlberg. Bei der Vorarlberger Kiebitzpopulation handelt es sich um eine Population am südlichen Rand ihres Verbreitungsgebietes, deren Bestand aufgrund von Zu- und Abwanderung alljährlich großen Schwankungen unterliegt. Geringe Bestandsgröße, starke Bestandsschwankungen von Jahr zu Jahr und die Lage am Rand des Verbreitungsgebietes machen die Population besonders anfällig gegenüber Beeinträchtigungen ihres Lebensraumes.

Dabei ist zu beachten, dass der Kiebitz in Vorarlberg zwei völlig unterschiedliche Bruthabitate besiedelt. Der starke Bestandsrückgang und der schlechte Bruterfolg in Streuwiesen deuten auf eine gravierende Verschlechterung der Brutbedingungen in diesem ehemaligen Bruthabitat hin. Die Verlagerung der Brutplätze von den Streuwiesen ins Kulturland ist dagegen eine Entwicklung der letzten 10-15 Jahre, die noch nicht erkennen lässt, ob sich der Kiebitz in intensiv genutzten Äckern und  Fettwiesen langfristig als Brutvogel zu etablieren vermag.  Wenn sich aber die Brutgebiete der Kiebitze immer öfter mit landwirtschaftlichen Nutzflächen decken, sind die Vögel auch bei jedem Bewirtschaftungsschritt gefährdet. Dabei kommt Maisäckern, die zu Beginn der Brutzeit brachliegen, eine besondere Bedeutung als Brutplatz zu.


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Inhaltsverzeichnis des Vorarlberger Artenschutzkonzeptes Kiebitz

Einleitung Einleitung 3

1.... Allgemeine Angaben Allgemeine Angaben Allgemeine Angaben 4
1.1. Europarechtlicher Schutzstatus 4
1.2. Gefährdung 5

2.... Bestandssituation Bestandssituation Bestandssituation 6
2.1. Bestandssituation in Mitteleuropa 6
2.2. Bestandssituation in Österreich 7
2.3. Bestandssituation in Vorarlberg 7
2.3.1. Bestandsentwicklung 7
2.3.2. Aktuelle Bestandssituation 9
2.3.3. Bruterfolg 10
2.3.4. Verbreitungskarte 11

3.... Ökologie Ökologie Ökologie 13
3.1. Brutbiologie und Habitat 13
3.1.1. Heimzug und Revierbesetzung 13
3.1.2. Nestbau, Legebeginn und Brutdauer 13
3.1.3. Schlüpftermine und Jungenaufzucht 14
3.1.4. Mauser und Wegzug 15
3.1.5. Bruthabitat, wichtigste Brutgebiete 15

4.... Gefährdung Gefährdung Gefährdung 18

5.... Aktionsplan Aktionsplan Aktionsplan –––– Kiebitz Kiebitz Kiebitz 22
5.1. Mindestziele für die Erhaltung der Art 22
5.2. Erhaltungs- und Fördermaßnahmen 22
5.3. Erfolgskontrolle 25

6.... Fotos 26

7.... Literatur Literatur Literatur 28

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